Nachlässigkeiten und Verschleppung von Atom-Verfahren

Schweizerische Atombehörden:

Nachlässigkeiten und Verschleppung von Atom-Verfahren

Im Jahr 2000 hat der Verein „Mühleberg unter der Lupe“ mit drei AnwohnerInnen des AKW Mühleberg beim Bundesrat geklagt, dass das AKW stillzulegen sei. Gegen Erdbeben ist das Turbinenhaus nicht genügend gesichert. Seit dreieinhalb Jahren herrscht bei den Behörden Funkstille.

 

Die Klage der AtomgegnerInnen trifft einen wunden Punkt

 Am 8. September 2000 forderten die AtomgegnerInnen in einem Wiedererwägungsgesuch, dass das AKW Mühleberg wegen fehlendem Erdbebenschutz stillgelegt werden muss. Zumindest müsse das AKW im Turbinenhaus, in welchem sich die Leitungen mit radioaktivem Dampf und Wasser  befinden, nachgerüstet werden:

  1. Die Atombehörde der Schweiz, die Hauptabteilung für die Sicherheit der Kernanlagen HSK, verlangt in ihren Richtlinien bei allen Schweizer AKW eine Sicherung gegen Erdbeben. Erdbeben können verschieden heftig eintreten; je stärker sie sind, desto geringer ist ihre Eintretenswahrscheinlichkeit.
  2. Die schweizerische Strahlenschutzverordnung setzt für die erlaubte radioaktive Verseuchung je nach Eintretenswahrscheinlichkeiten eines Unfalls verschieden hohe Richtwerte:

–    Unfallauslöser, welche 1x in 10’000 Jahren bis 1x  in 1’000’000 Jahren auftreten, dürfen eine Verseuchung von 100 Millisievert zur Folge haben.

–    Unfallauslöser, welche 1x in 100 Jahren bis 1x in 10’000 Jahren auftreten, dürfen hingegen nur eine Verseuchung von 1 Millisievert zur Folge haben.

  1. In der Mühleberg Sicherheitsanalyse MUSA von 1990 (die Studie wurde von der BKW zu Handen des Bundesrates in Auftrag gegeben) wird berechnet, dass die schlimmsten Erdbeben, die betrachtet werden müssen (die so genannten Sicherheitserdbeben SSE), etwa 3,6x in 10’000 Jahren, also mehr als 1x pro 10’000 Jahre vorkommen. Das bedeutet, dass die radioaktive Verseuchung höchstens 1 Millisievert betragen darf.
  2. Im Sicherheitsbericht der HSK zum AKW Mühleberg (1991) wird festgestellt, dass beim SSE im Turbinenhaus mit Sicherheit die Rohrleitungen brechen. An anderer Stelle des Gutachtens berechnet die HSK schon für den Bruch einer einzigen Leitung im Turbinenhaus eine Verseuchung von 1,6 Millisievert.

 

Die Strahlenschutzverordnung ist also klar verletzt.

Etwas kompliziert wird diese Tatsache dadurch, dass in den oben erwähnten schweizerischen Richtlinien der HSK die Wahrscheinlichkeit für das SSE – ungeachtet der Untersuchungen an den AKW-Standorten – geringer als 1x pro 10’000 Jahre eingestuft wird. Diese Richtlinien müssten also abgeändert werden.

 

Strategie des Bundesrats: Schutz der Atombetreiber, Verachtung der Bevölkerung

Der Bundesrat begnügte sich in einer „Zwischenverfügung“ vom 23. Oktober 2000 lediglich damit, eine vorsorgliche Stilllegung abzuweisen. Die Tatsache, dass das Turbinenhaus nachzurüsten ist, und dass dies von den AtomgegnerInnen ebenso gefordert wurde, erwähnte der Bundesrat mit keinem Wort.  Hingegen verschob er einen definitiven Entscheid für die Einstufung des Erdbebenrisikos um „etwa zwei bis 3“ Jahre. In diesem Zeitraum sollten von der HSK verlangte Studien erledigt sein, welche „mit neuen Methoden (Paleoseismik und Speläoseismik) die Erdbebengefährdung im Bereich sehr kleiner Häufigkeiten besser“ erfassen werden. In der Zwischenzeit ist das Jahr 2003 vorbei, die Studien sind offensichtlich nicht abgeschlossen, und der Bundesrat hat sich nicht bemüssigt gefühlt, zu informieren.

Einmal mehr werden wir mit fadenscheinigen und teils unhaltbaren Argumenten abgespeist.

26. April 2004  /  www.fokusantiatom.ch

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