Medienmitteilung der Aktion Mühleberg stillegen (AMüs), 29 Mai 2000
30 Jahre sind genug!
Letzten Herbst wurde die kantonale Mühleberg-Initiative eingereicht. Sie verlangt,
dass Ende 2002, nach 30 Jahren Betrieb, das Atomkraftwerk stillgelegt wird. Die Initiative
wurde vor kurzem im Grossen Rat behandelt. Am 24. September 2000 kommt sie zur Abstimmung.
Für die Initiative tritt nun ein breites Bündnis von Parteien, Anti-Atom- und
Umwelt-Organisationen an.
Es ist schon zu viel passiert
Die BKW und die Zuständigen in der Regierung, Dori Schaer und Moritz Leuenberger,
behaupten immer, die Sicherheit im AKW Mühleberg sei gewährleistet. Dies kann nur sagen,
wer nicht hinschaut, was in Mühleberg alles schon geschehen ist:
- 1971: Grossbrand im Maschinenhaus. Mehrere Sicherheitssysteme werden ausser Betrieb
gesetzt.
- 1978: Zu hohe Direktstrahlung am Zaun des AKW. Dieser muss verlegt werden.
- 1986: Austausch der gesamtenUmwälzschlaufe mit der höchsten Strahlenbelastung für das
Personal, welche in der Schweiz je registriert worden ist.
- 1986: Die Filterpanne führt zu einer überdurchschnittlichen Verseuchung der Umgebung.
überschreitungen der Wochengrenzwerte können nicht ausgeschlossen werden.
- 1989: Der "nukleare Taglöhner" macht im Innern des Reaktors unbemerkt
Fotografien, worauf die Eingangskontrolle wegen Sabotagegefahr verschärft werden muss.
- 1998: Schnellabschaltung - bei einem Kontrollgang erwischt ein Arbeiter das falsche
Ventil. Die Operateure im Kontrollraum reagieren nicht vorschriftgemäss, und das Handbuch
ist nicht in Ordnung. Der "Störfall" muss in der internationalen Skala auf
einer erhöhten Stufe eingereiht werden.
Das AKW ist zu wenig gesichert
In der Schweiz bestehen für AKW Richtlinien, welche eigentlich eingehalten werden
müssten. Beispielsweise sollten Notsysteme mehrfach und räumlich voneinander getrennt
vorhanden sein. Im AKW Mühleberg sind diese Standards nicht im geringsten eingehalten:
- Die Notkühlsysteme sind zu wenig unabhängig und schlecht voneinander getrennt. Im
Reaktorgebäude gibt es eine Sammelleitung, bei deren Bruch alle Notkühlsysteme
überflutet und funktionsuntüchtig würden! Zudem bildet das Reaktorgebäude einen
einzigen nicht unterteilten Brandabschnitt.
- Das AKW ist gegen viel schwächere Erdbeben ausgerüstet als in den Richtlinien
gefordert. Aber auch der Strahlenschutz funktioniert nicht: Mühleberg lässt nach den
offiziellen Rechnungen bei den "beherrschten" Erdbeben wesentlich mehr
Radioaktivität hinaus als die Strahlenschutzverordnung erlaubt.
- Das AKW Mühleberg ist nicht gegen Flugzeugabsturz gesichert. Nicht einmal die
Nachrüstung SUSAN (verbunkerter Kommandoraum mit etlichen Notsystemen) wurde dagegen
ausgelegt, obwohl die Richtlinien damals schon lange in Kraft waren.
- Mühleberg ist ein Reaktor der Sechziger Jahre. Wegen der platzsparenden Bauweise kann
das AKW gar nicht auf den Stand der Technik nachgerüstet werden. So ist die
Wahrscheinlichkeit für eine Kernschmelze zehn- bis hundertmal grösser als beim
zweitjüngsten Schweizer AKW Gösgen.
Die Arbeitsplätze sind zu gefährlich
Die StillIegung des AKW Mühleberg bedeute eine Vemichtung von Arbeitsplätzen,
behauptet die Atomlobby. Verschwiegen wird, dass die Arbeiter das Strahlenrisiko und
zusätzlich das normale Unfallrisiko am Arbeitsplatz eingehen-. also einer doppelten
Gefahr ausgesetzt sind.
- 1986 war die Auswechslungs-Aktion der Umwälzschlaufe. Das Unternehmen war so riskant,
dass die Behörden eine Extrabewilligung geben mussten: Die radioaktive Belastung aller
beteiligten Arbeiter überstieg den vorgeschriebenen Richtwert um mehr als das
Zweieinhalbfache.
- über den Gesundheitsverlauf von Atomarbeitern gibt es in der Schweiz keine seriösen
Untersuchungen. Eine kürzlich verfasste Studie in den USA belegt bei vier Atomanlagen,
dass das Krebsrisiko der Arbeiter massiv erhöht ist, obwohl die Dosisgrenzwerte stets
eingehalten worden sind.
Sparen mit der Stillegung des AKW
Reichtum werde vernichtet, behaupten BKW und Regierung, falls das AKW Mühleberg 2002
definitiv vom Netz geht. Auch das ist nicht wahr:
- Europa und die Schweiz schwimmen im Strom-überfluss. Jährlich wird in der Schweiz das
Mehrfache der Mühleberg-Produktion netto exportiert. Wegen der Liberalisierung ist dieser
Export kein lukratives Geschäft mehr. Die BKW könnte die Kilowattstunde auf dem Markt zu
rund 3 Rappen einkaufen.
- Weil die allgemeinen Strompreise dermassen im Keller sind, bedeutet dies, dass die 5,5
Rappen Gestehungskosten des AKW Mühleberg von den Einzelhaushalten zu einem guten Teil
subventioniert werden. Jede BKW-Kundin und jeder BKW-Kunde zahlt jährlich 60 Franken auf
das AKW drauf.
- Es geht nicht darum, den Atombossen vorzumachen, wie sie Geld sparen können. Aber wir
müssen sie dazu zwingen, dass wir StromzahlerInnen nicht einen Schrottreaktor unsinnig
subventionieren.
Die Atomtechnologie ist zu gefährlich. Uranabbau verseucht Umwelt und
Arbeiter, das Atommüllproblem ist ungelöst, der Atomtransport ist nicht unter Kontrolle,
der Betrieb von AKW birgt ein enormes Risiko, aber auch Alltagsgefahren.