Im 10ten Jahr nach dem Fukushima Super-GAU

Aus Atomkatastrophen nichts gelernt!

Nach dem 2ten Weltkrieg wurde die Atomkraft der Atombombe zu «Atoms for Peace»[1] umgewandelt. Die Protagonisten verkündeten, Atomstrom sei «Zu billig, um zu messen»[2] und diene fortan nur dem Frieden. Günstig war er, weil die Entwicklung der Atomenergie auch den Ausbau der Atomwaffenarsenale erlaubte und deshalb vom Militär subventioniert wurde und man sich noch keine Gedanken um den Rückbau der Atommeiler und Entsorgung der radioaktiven Abfälle machte. Auch in der Schweiz ging die Inbetriebnahme von Atomreaktoren mit Militärischen Interessen einher. Der Bundesrat bekannte sich 1958 zur Entwicklung der Atomwaffe.[3] Heute sind wir in der Phase der Verlängerung von Betriebsbewilligungen für überalterte Atomkraftwerke. Die Kosten für den Rückbau steigen und die Entsorgung ist noch immer nicht gelöst. Der Uralt-Reaktor Mühleberg, baugleich den Fukushima Reaktoren, wurde geopfert; Ende 2019 ging er ausser Betrieb. Dafür laufen die weit älteren AKW Beznau I + II aber unbescholten weiter. Aber auch die AKW-Gösgen (1979) und Leibstadt (1984) sind bereits über 36-Jahre am Netz und wie es aussieht werden sie noch bis 2035 weiterbetrieben.

Die Nuklearlobby werkelt an ihrer Wiedergeburt

Wieso bleiben die Reaktoren am Netz? Nicht weil sie wie 1954 von der internationalen Atomenergie Organisation behauptet billigen Atomstrom liefern. Nein, weil wir vor gewaltigen Aufgaben stehen, welche nicht angedacht waren, der Rückbau und die Entsorgung der AKW, problematische Emissionen auch im «Normalbetrieb». Wie reagieren die Betreiber: Abschalten verzögern und weiter nach Entsorgungslösungen forschen!

Tschernobyl und Fukushima zeigten was ein SuperGAU anrichten kann, also braucht es neue Argumente für den Atombetrieb. Heute ist es nicht der billige Atomstrom, der ist nämlich zwischenzeitlich nicht mehr billig, nein, auf den Klimawandel springen die Lobbyisten auf! Teilweise wird gar behauptet dass Atomstrom kein CO2 emittiert. Die etwas Ehrlicheren sprechen von «fast kein CO2 bei der Atomenergieproduktion» in der Schweiz. Verschwiegen wird jedoch die gewaltige Kette der Atomenergie, vom Uranabbau zur Raffinierung und Anreicherung, dem Herstellprozess bis zum fertigen Brennstab, der Brennelementherstellung, den Transporten, den riesigen Mengen an radioaktiven Abfällen, dem Ausbaggern der Endlager, dem Energieaufwand zur Atomabfall-Wiederaufarbeitung usw.

In einer Risikodiskussion[4] am Schweizer TV erklärte eine Physikerin und Technikethikerin, dass Atomenergie für den Übergang zur Klimafreundlichen Stromproduktion durch die alternativen Energieerzeugungsanlagen wie Wind und Sonne und zur Stabilisierung dieser dienen sollte. Was würde «AKW als Übergangsenergie» für die Schweiz in Realität bedeuten: hochriskanter Betrieb der AKW Gösgen und Leibstadt mit bis zu 80 Jahren Laufzeit. Also so ungefähr bis ins Jahr 2050. Denn neue AKW kann sich die Schweiz kaum leisten, sich im Bau befindende Atomreaktoren in Frankreich, Finnland und Grossbritannien zeigen, dass die Milliardenbudgets überborden.

Kleine Reaktoren sollen es regeln: «Small Modular Reactor» SMR

Dass die Kosten für neue Reaktoren überborden hat die Atomlobby erkannt. Sie entwickelt eine Antwort, kleine modulare Reaktoren. Die Idee: Kleine AKW für Städte mit Leistungen bis zu 100MW zu bauen (rund 3,5 x kleiner als das AKW Mühleberg) und somit ein kleineres Risiko zu «handeln». Wieder einmal wird kleines Risiko versprochen, aber auch ein kleines AKW beinhaltet Kernspaltmaterial, welches für Terroristen interessant ist und es braucht an jedem Standort spezialisiertes Personal was auch eine grössere Aufsichtsbehörde bedeutet. Und schliesslich gibt es dann von jeder Stadt zum Zwischenlager Transporte, die wären dann so oft unterwegs wie Post-LKWs. Immer noch wäre radioaktives Material zu entsorgen, in der Gesamtheit mit dem Rückbau wieder gleichviel wie bei den bestehenden AKW. Nach dem Motto «Kleinvieh macht auch Mist».

Der kein «Atom-Ausstieg»

Das grösste Problem der Schweizer Atomtechnologie: Wir haben kein Ausstiegsprogramm. Als sich 2011 der SuperGAU in Fukushima (11.03.2011) ereignete verkündete die damalige Bundesrätin Leuthard im Namen des Bundesrates einen Plan zum Atomausstieg, welcher nicht in die Realität umgewandelt wurde. In der NZZ vom 26. Mai 2011 stand: «An einer Klausursitzung hatte die Landesregierung zuvor beschlossen, schrittweise aus der Kernenergie auszusteigen. Die bestehenden Atomkraftwerke sollen noch bis zum Ende ihrer Laufzeit Strom produzieren, danach aber ersatzlos vom Netz genommen werden. Damit müssten die AKW Beznau und Mühleberg 2019 und 2022, die Meiler in Gösgen und Leibstadt 2029 und 2034 vom Netz genommen werden.» Unter Laufzeit verstand der Bundesrat damals «50 Jahre». Die Termine sind verstrichen und bis heute ist nicht klar, wann die AKW wirklich vom Netz gehen werden, nicht einmal für das älteste AKW Europas Beznau I ist ein Abschalttermin angesagt. Eigentlich hätte Beznau bis 2018 seinen Sicherheitsbericht[5] für den Langzeitbetrieb vorlegen müssen, das ENSI akzeptiert dessen Verspätung um Jahre. Das AKW Beznau (1969) wird dieses Jahr 52 Jahre am Netz sein, es ist zu vermuten, dass das ENSI dieses Sicherheitsrisiko bis zu 60 Jahren weiterbestehen lässt. Neue AKW werben mit mehrfachen unabhängigen gebunkerten Sicherheitssystemen, eigensichern Kühlsystemen, «CoreCatcher» Kernschmelzauffangfläche usw. Nichts von alledem könnte Beznau nachrüsten, es ist und bleibt ein Reaktor konstruiert in einer Zeit weit vor dem Tschernobyl GAU und vor dem Brand im AKW Mühleberg welcher International zu Brandschutzmassnahmen bei der Planung späterer AKW auslöste.

Die Lösung, Atom-Ausstieg!

Der Weiterbetrieb der schweizerischen Atomreaktoren behindert die Energiewende, anstelle von Investitionen in die Alternativen Energien und der Anpassung unseres Konsumverhaltens. So kriegen Grossverbraucher ihren Strom immer noch günstiger als jene welche damit sorgsam umgehen und Investitionen in die Alternativenergien steigen nur langsam an.

Die Atom-Lobby kennt den «Trumpismus» länger als die USA, mit immer neuen Lügen wird versucht das Leben der AKW zu verlängern. Was wir heute brauchen sind Ansagen zur Laufzeit der Atomanlagen, dies bietet auch Investitionssicherheit. Es muss klar angesagt werden welche AKW mit welchen Nachrüstungen bis zu welchem Betriebsjahr weiterlaufen dürfen, insofern sie dem Stand der Technik entsprechen. Die von den Bundesinstanzen und der Aufsichtsbehörde ENSI beschwörte Regel «Solange Sie sicher sind dürfen sie weiterbetrieben werden» muss fallen.

Fokus Anti-Atom verlangt vom Bundesrat:

  • Festgesetzte Termine für den Atomausstieg für alle Schweizer AKW!

Umgehende


[1] Atoms for Peace („Atome für den Frieden“) ist der Titel einer Rede, die der US-amerikanische Präsident Dwight D. Eisenhower am 8. Dezember 1953 vor der UN-Vollversammlung in New York City hielt. https://www.iaea.org/about/history/atoms-for-peace-speech

[2] https://www.nrc.gov/docs/ML1613/ML16131A120.pdf «to cheap to meter»

[3] https://dodis.ch/16065 «Erklärung zur Frage der Beschaffung von Atomwaffen für unsere Armee.»

[4] Rafaela Hillerbrand – Ethik des Risikos:  https://www.srf.ch/play/tv/sternstunde-philosophie/video/rafaela-hillerbrand—ethik-des-risikos?urn=urn:srf:video:c8acde29-c82e-4b35-b5f2-4bc6580b8e4a

[5] https://www.ensi.ch/de/wp-content/uploads/sites/2/2016/12/ENSI_KKW_Beznau-PSU-final.pdf