Fokus Anti-Atom, info 15

FAA_Info15

AKW Betrieb bis 60 / 80 Jahre

Wann soll eine technische Anlage abgeschaltet werden? AKW in den 60er Jahren entworfen, wurden ursprünglich für eine Betriebsdauer von 30 Jahren geplant. Doch erste Unfälle wie der Brand bei der Inbetriebnahme des AKW Mühleberg 1971 zeigten Schwächen auf. Im Falle des AKW Mühleberg die fehlende räumliche Trennung welche im Brandfall Risiken vermindert. Daher wurden in darauffolgenden Anlagen Räumliche Trennungen, bessere Brandschottungen und mehrfach redundante Sicherheitssysteme verbaut. Nach dem Super-GAU in Tschernobyl erkannte man, dass im Falle eines Unfalls auch bei westlichen Atomkraftwerken Systeme zur Abfuhr der Nachzerfallswärme fehlten. Gleichzeitig erfanden die AKW-Konstrukteure Notfall- Druckabbausysteme für das Reaktorgebäude, ganz einfach: steigt innen der Druck lässt man ihn wie bei einem Dampfkochtopf über ein Ventil in die Umgebung abblasen. Mit dem Unterschied, dass der Dampf aus dem AKW auch gefiltert noch radioaktive Stoffe an die Umgebung abgibt. Da kommt den Technokraten die Wahrscheinlichkeitsrechung zu Hilfe, weil ein Unfall «unwahrscheinlich» ist, sei die Gefahr aus dem AKW gering und somit der Menschheit zumutbar.

Obwohl die Weltöffentlichkeit nach den Atomunfällen der Vergangenheit (Tscheljabinsk-40 1957, Windscale 1957, Three Mile Island 1979, Tschernobyl 1986) die Gefahr der Atomkraft erkannte, wurde sie mit Nachrüstungen der AKW besänftigt. Die Betreiber zeigten auf, dass die bestehenden AKW problemlos 40 Jahre alt werden könnten da deren Material trotz Rissen noch lange nicht an die Auslegungsgrenze gekommen sei. Als 1990 bekannt wurde, dass das AKW Mühleberg Risse im Kernmantel (einem Blech im Reaktorinnern) hat, zeigten sich auch in anderen Anlagen Korrosionsprobleme, welche durch die ionisierende Strahlung verstärkt wurden. Japan reagierte und startete ein Programm zum Austausch aller rissigen Kernmäntel in Siedewasserreaktoren des Mühleberg Reaktortyps. Der Tschernobyleffekt liess nach, die Lobby erarbeitete mit Hochdruck neue Reaktorsysteme welche nun definitiv «Sicher» sind. Auch nach dem Super Gau in Fukushima zeigte sich die Westliche Welt erstaunt ob dem Atom-Unfall in einem Land mit westlicher Technologie. Die betroffenen Siedewasser- Atomkraftwerke in Fukushima waren vom baugleichen Typ wie die Schweizer AKW Mühleberg und Leibstadt. Die AKW Lobby unterstützt von der Sicherheitsbehörde führte wieder auf die schnelle oberflächliche Nachrüstungen durch, die kostspieligen Ertüchtigungen auf den Stand detr Technik liess man aus. So kam es auch zum Entscheid der BKWdas Uralt-AKW Mühleberg still zu legen. Die AKW Leibstadt, Gösgen und Beznau kriegten genügend Zeit um ihre Nachrüstungen zu tätigen indem man als erstes Sicherheit vorgaukelte: in einem Bunker im Kanton Aragau wurde Notfallmaterial eingelagert, welches im Notfall von dort mit Hubschraubern an die AKW herangeflogen werden könnte. So überlebten die Schweizer AKW auch die Zeit nach dem Fukushima Super-Gau.

Wird Mühleberg im Dezember abgeschaltet, wird es 49 Jahre alt sein. Die weltweit 176 bereits stillgelegten zivilen AKW wurden nach durchschnittlich 28,6 Jahren ausser Betrieb genommen. Nur das amerikanische AKW Oyster Creek wurde 49 Jahre alt. Die USA legte bereits mehr als 35 Reaktoren still, trotzdem wurde ein Programm zur Lebensdauer- Erweiterung Ihrer Reaktoren gestartet. So erhielten bereits einige neuere Reaktoren Laufzeitbewilligungen von bis zu 60 Jahren. Jedoch wurden in den letzten Jahren einige überalterte AKW vom Netz genommen.

«Die beiden Beznau Reaktoren 48/50 Jahre und das AKW Mühleberg 49 Jahre sind die ältesten Atomkraftwerke Europas.»

Die beiden Schweizer Reaktoren in der Beznau sind nun 50 und 48 Jahre alt. Ein Rekord: beide sind mit Abstand die ältesten Reaktoren Europas und das AKW Beznau 1 ist gleich alt wie die Reaktoren Tarapur 1 und 2 in Indien und Nine Mile Point in den USA.

Die Beznau Reaktoren bewegen sich jetzt auf eine Betriebsdauer von 60 Jahren hin, dies auch weil für diese Reaktoren bisher kein Abschaltdatum festgelegt wurde. Ein gefährliches Experiment.

 Dem Jahresbericht 2018 des ENSi welcher kürzlich veröffentlicht wurde, war folgendes zu entnehmen:

«Die KKB reichte Mitte 2018 seine Dokumente zur Periodischen Sicherheitsüberprüfung (PSÜ) einschliesslich eines Sicherheits-nachweises für den Langzeitbetrieb ein. Die Grobprüfung des ENSI führte in einzelnen Bereichen zu sehr umfangreichen Nachforderungen. Aufgrund des erheblichen Umfangs der noch ausstehenden Unterlagen betrachtet das ENSI die Nachlieferung formal als Neueinreichung der PSÜ mit Sicherheitsnachweis für den Langzeitbetrieb.»

Obwohl im speziellen das AKW Beznau 1 mit einem löchrigen Reaktordruckbehälter und einem rostigen Stahldruckbehälter unterwegs ist und eine ENSI Grobprüfung umfangreiche Nach-forderungen nach sich zieht, lassen die Sicherheitsbehörden das AKW weiter am Netz.

Die NOK gibt sich zur Stilllegung Ihres AKW Beznau verdeckt, im Aufsichtsbericht 2018 des ENSI ist nachzulesen, dass die Vorbereitungsarbeiten zur Stilllegung im Rahmen des Projekts HERON erfolgten, das organisatorisch eine Abteilung der Division Kernenergie der Axpo Power AG ist.

Stillegung Beznau1 2026 / Beznau2 2031

Was bringt die Zukunft? Will die NOK ihr AKW bis 60 oder gar 80 Jahre laufen lassen? Wird das ENSI endlich die längst nötigen Sicherheitsforderungen an die AKW stellen? Oder wird uns wider Erwarten die NOK mit einem Stilllegungsprojekt überraschen? Tut sie dies mit demselben Fahrplan wie die BKW bedeutet dies folgendes: 2020 veröffentlichung des Entscheids zur Stillegung des Reaktors 1 in der Beznau, Planung und Genehmigung des Stillegungsverfahrens während 6 Jahren (BKW Entscheid 2013/Umsetzung Ende 2019). Damit würde das AKW Beznau 1 ca. 2026 vom Netz gehen. Die verbleibenden gemeinsamen Sicherheitsanlagen mit dem AKW Beznau 2 würden sicherlich dem AKW Beznau 2 angerechnet und somit würde Beznau 2 bis 60 Jahre betrieben werden. Das heisst die Stilllegung des AKW Beznau 2 nach 60 Jahren Betrieb erfolgt ca. 2031. Bis dahin dürfen wir uns ängstigen, oder auf personelle Veränderungen im ENSI hoffen.

AKW Mühleberg

Bereits in den vergangenen Jahres-Revisionen bereitete sich die BKW auf die Ausserbetriebnahme ihres AKW vor. Im August 2019 ist jedoch keine Revision des Kraftwerks geplant, es wird seit dem 13. September 2018 bis zum 20. Dezember 2019 im sogenannten Streckbetrieb betrieben. Dabei wurden die Brennelemente bei der letzten Revision so konfiguriert, dass sie bestmöglich ausgenutzt werden. Ab dem 6. Januar 2020 wird dann mit der Etablierung des technischen Nachbetriebs begonnen. Dabei verbleiben die Brennelemente nach der Abschaltung des Reaktors zum Abklingen der Radioaktivität für weitere 3 Monate im geschlossenen Reaktordruckbehälter. In dieser Zeit werden bereits einige nicht mehr benötigte Bauteile wie die Betonelemente, welche im Normalbetrieb die Strahlung aus dem Reaktor abschirmen, aus dem Reaktorgebäude entfernt. Danach werden alle Brennstäbe aus dem Reaktor in das Lagerbecken für abgebrannte Brennelemente verfrachtet und dieses bis spätestens Ende 2020 so umgebaut, dass es autonom und unabhängig von anderen Systemen gekühlt wird. Dazu wird ein bereits in der Revision 2016 installiertes unabhängiges Brennelementebecken- Kühlsystem in Betrieb genommen. So gesehen ist die Stilllegung des AKW auf Kurs. Trotzdem verbleiben noch einige Herausforderungen:

  • Der Streckbetrieb ist eine Betriebsweise wie sie in Mühleberg noch nie gefahren wurde.
  • Die unabhängige autonome Kühlung des Brenn-elementebecken wird erst Ende 2020 erreicht werden.
  • Nach Planung der BKW sollen die abgebrannten Brennelemente bis 2024 ins nationale Zwischenlager ZWILAG transportiert werden.

Das AKW liegt immer noch kurz unterhalb der Wohlenseestaumauer, die räumliche Trennung bezüglich interner Überflutung und Brand ist immer noch nicht gegeben und die Erdbebenfestigkeit ist noch heute nicht vollständig nachgewiesen.

Die verbleibenden Risiken reduzieren sich nach Einstellung des Leistungsbetriebs gewaltig, Fokus Anti-Atom, die Ärzte für soziale Verantwortung, IPPNW Schweiz und Anwohner forderten jedoch von der BKW eine unabhängige Begleitgruppe während der Stillegungsphase. So würde bei Anwohnern und kritische Beobachter Vertrauen in das lange andauerne Rückbauprojekt geschaffen.

Gösgen AKW – Brandschutz ist Geheim!

Das AKW Gösgen hat schwere Mängel im Brandschutz! Tests im Jahre 2016 zeigten: Brandschutzklappen welche die Brand- und Rauchausbreitung im Ernstfall verhindern sollten sind undicht. Das ENSi verlangte einen Bericht welcher darstellen sollte wie die ALPIQ, die Besitzerin des AKW Gösgen gedenkt die rund 500 mangelhaften Brandschutzklappen im AKW Gösgen zu ersetzen. Der Bericht wurde erst Ende 2018 eingereicht und Anfang 2019 hat das ENSI den Bericht beurteilt. Nachforschungen von Fokus Anti-Atom haben ergeben: der Bericht der Alpiq ist geheim und auch die Stellungnahme des ENSi wird nicht veröffentlicht. Alles bleibt Geheim! Der kürzlich veröffentlichte Aufsichtsbericht des ENSI lässt aufschrecken: «Von den 137 geprüften Brandschutz-klappen schlossen neun bei der Prüfung nicht vollständig.» Wieder versagen Brandschutzklappen im AKW! Das ENSI verweist darauf dass die Klappen nach einer Wartung wieder funktionierten. Da sich aber das Vorkommnis wiederholte ist davon auszugehen dass sich in einem Brandfall mehrere Klappen nicht öffnen. Dies kann dann zur Verrauchung von Räumen und zur Brandausbreitung in relevante Räume führen. Es bleibt zu hoffen, dass bis zum dereinstigen Ersatz der Brandschutzklappen im AKW Gösgen kein Brand ausbricht!